top of page

24

Ausblick

Ein Kapitel aus dem Buch

 November 2020, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten.

Das bedeutet, es ist nicht gestattet, den Inhalt der Seite zu kopieren oder zu vervielfältigen. Es besteht lediglich das Recht, zu Lesen. Wenn Sie Inhalte oder Teile der Welt von Naladaria oder der Geschichte für andere Zwecke verwenden wollen oder weitere Fragen zu diesem Thema haben, bitte ich Sie, mit mir persönlich in Kontakt zu treten.

Der Link auf diese Seite darf natürlich frei geteilt werden.

Die Mastar-Ruine blüht in neuem Glanz. Sattgrüne Ranken umarmen die alten Steine. Blaue Blüten erhellen die Nacht. Der Rauch und die Bestie sind vergangen.
Ich starre auf den vierarmigen Fremden, den der Rauch zum Vorschein gebracht hat.
»Er hat vier Arme!« Anna nähert sich ihm. »Dazu dieser lange reptilienartige Schwanz und die stückweise, rot-schuppigen Stellen auf der Haut. Und doch ähnelt er einem Menschen. Was ist das für ein Wesen?«
»Anna! Sei vorsichtig! Wir wissen nicht, ob er gefährlich ist.« Ich schließe hektisch zu ihr auf.
Mira schaut besorgt zu Vared. »Kommandant, ist es das, was ich denke?«
Er nickt mit ernstem Blick. »Die vier Arme sind ein eindeutiges Zeichen. Er ist ein Abkomme der Dämonen.«
»Aber seit wann haben sie einen Schwanz?«
»Das haben sie normalerweise nicht.« Er rollt die fremde Gestalt auf den Rücken.
»Ok – er ist männlich.« Mira dreht sich peinlich berührt zur Seite.
Auch Anna wendet sich entgeistert ab. Ein nackter Körper ist sichtbar. Er hat rötliches Haar und durch Schuppen verschlossene Löcher am Bauch. Was für ein seltsames Wesen. Das soll ein Dämon sein? Es ist auf jeden Fall kein Zufall, dass er gerade jetzt aufgetaucht ist. »War dieser Mann der Ignaeria?«
»Er könnte ein Gestaltwandler sein. Oder er war verflucht? Verhext?« Mira geht alle Möglichkeiten durch.
»Was auch immer.« Vared hebt ihn mit einem Ruck auf die Schulter. »Wir nehmen ihn fürs Erste mit.«
»Was? Er ist ein Dämon. Vor ein paar Minuten hätte er uns fast umgebracht.« Mira streckt protestierend ihre Hand aus.
»Also schlägst du vor, dass wir ihn im Wald lassen? Ohne Aufsicht? Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis wir den Auftrag bekommen, ihn einzufangen.«
»Und wo sollen wir ihn unterbringen? Doch nicht etwa bei ihm?«
Vared schweigt. Wen meint sie? Ich verkneife mir nachzuhaken, denn es ist nur eine weitere Wissenslücke, die sich hoffentlich endlich klärt, wenn wir den Wald verlassen haben.
Wir brechen auf. Auf dem Weg zurück zu Norbert und Torwald erzähle ich Anna vom Kampf mit Nika. Sie hört aufmerksam zu und ist beeindruckt von meiner Idee mit dem Venuxir.
»Das hätte ich dir nicht zugetraut, Noel.« Sie lächelt. »Manchmal erinnerst du dich also doch an das, was ich sage.«
Ich erzähle ihr auch von den fremden Gestalten in unserem Dorf und dem Mord an Mutter und Vater. Sie ist betrübt und versucht, ihr Mitleid in Worte zu fassen.
»Das ist schrecklich, Noel. Wenn ich irgendetwas tun kann, sag es bitte. Du hast mich damals bei meinem Verlust von Mama auch unterstützt!«
»Ist schon ok. Sie sind jetzt bei Stellux. Das weiß ich jetzt. Wichtig ist, dass ich dich retten konnte. Nicht auszudenken, wenn ich dich auch noch verloren hätte.«
»Keine Sorge.« Sie zwinkert mir zu. »So schnell wirst du mich nicht mehr los.«
Anna greift meinen Arm und schmust sich mit ihrem Kopf an mich. Was hat das zu bedeuten? Sind wir jetzt mehr als Freunde? Wenn das hier vorbei ist, muss ich unbedingt mit ihr über den Kuss sprechen.
»Hast du gesehen, was sie bei sich tragen?« Anna deutet auf die Kleidung von Vared und Mira. »Die ganzen Sachen sind mir fremd. Es sieht ganz anders aus als die Sachen im Dorf. Können wir ihnen vertrauen? Sie sind mit verantwortlich für das, was im Wald passiert ist.«
»Ich vertraue ihnen. Sie haben uns das Leben gerettet.« Dazu kommen die Worte von Mutter und dieser ungewöhnliche Traum, in dem ich Vared begegnet bin.
»Und du hast ihr Leben gerettet.« Anna grinst.
Sie erzählt mir von ihren Erlebnissen im Dorf und im Wald. Sie fand Norbert, doch es war zu spät. Die Fremden hüllten alles in Flammen und trieben die Dorfbewohner zusammen wie eine Herde Buckl. Auch Torwald holten sie aus dem Verlies. Als der Kommandant sich von der Truppe entfernte, hat Mira sich mit einem jungen Mann gestritten und kurz danach wurden sie in den Wald geführt.
»Es ging alles so schnell.« Anna schluckt schwer. »Auf einmal war das Licht verschwunden und überall waren Schreie und Blut! Papa zog mich panisch aus der Menge und wir sind weggerannt. Ich bin hingefallen und die Wölfe schnitten uns den Weg ab. Papa stellte sich ihnen, damit ich entkomme. Auf der Flucht wirkte es so, als verfolgen mich nicht nur die Wölfe, sondern der ganze Wald. An den Ruinen traf ich dann Lucky. Durch ihn schaffte ich es bis in den Rauch.« Sie streicht durch das Fell ihres treuen Begleiters.
»Aber wie hast du dich dann verletzt?« Ich schaue auf die zerstörte Stelle des Kleides. Zum Glück ist sie durch meine Kraft vollständig geheilt. Ich sehe nicht einmal mehr einen Kratzer. Wie habe ich das bloß angestellt?
»Das ist im Rauch passiert. Ich bin reingegangen, weil ich dachte, ich sei dort vor dem Wölfen sicher. Aber dann hörte ich den Ignaeria und bekam unglaubliche Angst.« Sie greift meine Hand und hält sie mit aller Kraft fest. »Ich wollte mich in den Ruinen verstecken, doch dann bin ich gestolpert und auf etwas Spitzes gefallen. An mehr erinnere ich mich nicht.«
»Wenn du sofort ohnmächtig warst, wie bist du dann zu den Ruinen gekommen?«
»Wieso zu den Ruinen?«
»Wir haben dich nicht dort gefunden, wo du dich verletzt hast. Du lagst einige Meter davon entfernt bei den Steinen.«
»Wie bin ich da hingekommen?«
»Kann es sein, dass er es war?« Ich schaue auf den bewusstlosen Körper, der von Vared getragen wird.
»Was? Der Ignaeria? Warum sollte er das machen?«
»Nika meinte, dass sie dich bewusst zu ihm geführt hat. Er würde dich beschützen. Du ähnelst jemanden, den er kennt.«
»Das wirft alles so viele Fragen auf« Sie seufzt. »Ich bin entsetzt, dass Nika uns verraten hat. Sie hat versprochen uns zu helfen!«
»Das war ihre Art zu helfen. Sie wollte uns befreien. Doch ihr Weg war nicht der richtige. Sie hat es am Ende eingesehen und sich von der Dunkelheit in ihr abgewendet. Ich habe ihr verziehen.«
»Du hast was?« Anna bleibt entsetzt stehen. »Sie hat nahezu jeden umgebracht, mit dem wir aufgewachsen sind!«
»Sie hat ehrliche Reue gezeigt. Ihre Gedanken waren fehlgeleitet. Mit Hilfe ihrer blauen Blumen waren wir in der Lage dich zu retten. Wir haben alle Fehler gemacht. Wären wir im Dorf geblieben, hätte Nika das Wasser aus der Quelle nicht erhalten und keinen Anreiz gehabt uns zu helfen. Galvanna, wir, Torwald und die Gemeinschaft – jeder hat seinen Teil dazu beigetragen.«
»Du hast wohl recht. Dennoch war sie es, die am Ende all die Morde begangen hat. Noel, diese Schreie, es war schrecklich. Ich habe noch immer die Bilder im Kopf.«
Das alles mitzuerleben muss grausam gewesen sein. Es wird ihr sicher noch eine lange Zeit in Erinnerung bleiben. Aber wenn jemand stark genug ist, sich von solch einem Erlebnis zu erholen, dann Anna.
»Was heute geschehen ist, war jenseits meiner Vorstellungskraft. Wir haben heute viel verloren.« Ich halte meine Hand an das Messer von Vater. »Aber wir dürfen uns davon nicht aufhalten lassen. Bei Stellux, ich habe das Gefühl, es ist alles aus einem bestimmten Grund passiert. Als sollte es so kommen. Die Fremden die unser Zuhause überfallen haben – sie waren wegen mir dort. Dann diese Magie, Menschen sollten nicht dazu fähig sein. Ich muss herausfinden, was es damit auf sich hat.«
»Und wie stellen wir das an?«
»Zuerst gehen wir nach Galvanna. Vielleicht finden wir dort die Antworten, die wir suchen.«
»Pah! Galvanna ist kein Dorf, Leute!« Mira lacht. »Es ist eine riesige Stadt! Mit tausenden von Menschen!«
Tausende von Menschen? Anna und ich sehen uns erstaunt an. Ihre Augen funkeln. »Soooo viele? Dann gibt es dort sicher ganz viel Neues zu lernen.«
»Worauf du dich verlassen kannst«, erwidert Mira.
»Anna! Anna! Du lebst!« Norbert rennt hastig auf seine Tochter zu und umarmt sie. »Du hast sie gefunden, Noel!«
»Papa! Du erdrückst mich!« Anna schnappt nach Luft.
Er bremst seine Freude und tritt einen Schritt zurück. Als er sich umsieht, entdeckt er den Fremden auf Vareds Schulter. Seine Stimmung schwenkt schlagartig um.
»Ein Dämon!«, ruft er bestürzt. »Wieso habt ihr einen Dämon dabei?«
»Du kennst Dämonen?« Anna hebt skeptisch ihren Zeigefinger. »Es gibt viel, dass du mir erzählen musst, Papa!«
Norbert seufzt lautstark. »Es bleibt mir wohl keine Wahl mehr.«
»Dämonen, Galvanna, all die anderen Menschen«, sage ich. »Wieso habt ihr das Alles vor uns verheimlicht?«
»Es war immer nur zu eurem Schutz.« Diese Stimme – es ist Torwald! Er steht hinter Norbert und ist am ganzen Körper voller Schleim. »Die Brenshar-Brüder haben die Gemeinschaft samt Dörfern erschaffen, um euch ein Leben in Frieden mit euren Eltern zu ermöglichen. Ein Leben ohne Dämonen, Magie, Gier nach Macht und gefährlicher neuer Technologien. Ein Leben in dem alle füreinander da sind, anstatt sich zu bekriegen. Eine echte Gemeinschaft. Wir haben uns alle vor fünfzehn Jahren für dieses Leben entschieden.«
»Ich habe mich nicht dazu entschieden.« Anna verschränkt die Arme.
»Wir wollten warten, bis ihr achtzehn Jahre alt seid.« Norbert geht sanft auf seine Tochter zu. »Dann hätten wir euch alles erzählt.«
»Das reicht.« Vared ergreift das Wort. »Wir haben keine Zeit für den Geschichtsunterricht. Alles weitere könnt ihr auf dem Weg besprechen.«
»Was ist mit den ganzen Leichen, Kommandant? Was ist mit Oskar?« Mira schaut auf ihren Kameraden, der noch immer von Wurzeln durchbohrt im Wald steht.
»Wir rufen eine Einheit, wenn wir an der Lieferstelle sind. Hier haben wir keinen Empfang. Sie kümmern sich um die Bergung.«
»Empfang?« Anna neigt ihren Kopf zur Seite. »Was soll das sein?«
Der Kommandant hebt seine Augenbraue an. »Malnada erklärt euch alles. Sie ist jetzt für euch zuständig.«
»Was?« Mira schaut entsetzt. »Wieso eigentlich immer ich?«
»Weil sonst niemand da ist.«
»Und was ist mit Ihnen? Wie wäre es wenn Sie auch mal etwas machen?«
»Mache ich doch.« Er deutet auf den Mann auf seiner Schulter. »Ich trage unseren Freund hier – und jede Menge Verantwortung.«
Mira schüttelt den Kopf und verzieht die Mundwinkel. »Das nächste Mal warte ich am Auto. Das steht fest!«
»Auto?« Ich schaue sie verblüfft an. »Was ist das schon wieder?« Mein Herz rast bei dem Gedanken, was uns alles außerhalb des Waldes erwartet. Es gibt so viele Dinge, die wir noch nie gesehen haben.
»Was hat man euch in diesem Dorf überhaupt beigebracht?« Mira schenkt Norbert und Torwald einen genervten Blick. »Ein Auto ist ein Transportmittel.«
»Also Tiere? Kann man auf ihnen reiten?« Anna zappelt aufgeregt hin und her.
Mira fasst sich an den Kopf. »Nein! Die sind mechanisch.« Sie kann sich ein Lachen nicht verkneifen. »Ich befürchte, ihr habt eine Menge nachzuholen.«
»Na dann! Worauf warten wir noch? Auf zu den mechanischen Tieren.« Anna folgt Vared, der schon vorausgegangen ist.
Auf dem Weg aus dem Wald stellen wir Mira ununterbrochen eine Frage nach der anderen. Sie erzählt uns eine Menge über die Erfindungen der Menschen. Strom, der Licht ohne Feuer erschafft. Maschinen, die allen bei der Arbeit helfen. Musik, die aus einer Kiste schallt und vieles mehr! Wir hören so aufmerksam und aufgeregt zu, dass die Zeit bis zum Ende des Waldes im Flug vergeht.
Nach der letzten Kurve des Valan-Pfades sehen wir deutlich den Ausgang. Anstatt weiterer Bäume erblicken wir den Sternenhimmel und viele kleine Lichter in der Ferne.
»Der Ausgang!« Anna greift glücklich meine Hand und rennt los. »Komm, Noel! Wir haben es endlich geschafft.«
»All diese Lichter, sind da überall Menschen?«, frage ich.
»Ja, bestimmt! Schau nur, wie weit wir in die Ferne sehen können. Der Horizont ist niedrig. Der Wald ist auf einem großen Hügel!«
Wir betreten eine mit braunem Sand bestückte Fläche. Vereinzelte Bäume trennen sie von dem steilen Abhang, der eine Aussicht auf die Ebenen ermöglicht. Gemeinsam bestaune ich mit Anna den Ausblick. An den Bergen im Norden erheben sich riesige Mauern aus Stein und Metall. Unzählige Lichter und Bauwerke sind dahinter sichtbar. Das Tal vor uns ist voller kleiner Lichter, die sich schnell bewegen, auch hier sind vereinzelte Häuser zu sehen.
»Bei Stellux, was ist das alles?« Für einen Moment ist all die Trauer und das am heutigen Tag Erlebte vergessen. Endlich sehe ich es.
»Was sind das für schnelle Lichter?« Anna zeigt in die Ferne.
»Das sind Autos.« Mira gesellt sich zu uns. »Die sind auch für die lauten Geräusche verantwortlich, die wir gerade hören. Schaut sie euch am besten aus der Nähe an. Rechts von euch stehen unsere.« Mira zeigt auf große metallische Objekte mit Rädern auf dem Sand. Wir waren so fasziniert vom Ausblick, dass wir sie übersehen haben.
»Unglaublich!« Anna rennt auf sie zu. »Sie sind riesig!«
»Das ist ein Transporter der Armee«, erklärt Mira. »Auf dem wollten wir die Gemeinschaft nach Galvanna transportieren.« Sie öffnet eine Plane an der Rückseite und es ist ein breiter Hohlraum sichtbar.
»Wie zieht man so ein riesiges Gefährt?« Ich denke zurück an die Mühen mit dem Karren auf dem Weg nach Istal. »Es braucht doch bestimmt ein Dutzend Männer, um es in Bewegung zu bringen?« »Pah! Also ob!« Mira zieht ihre Augenbrauen hoch. »Das Teil hat einen Motor und fährt mit Strom.«
Es bewegt sich von allein? Das ist der Wahnsinn! Wieso hatten wir so etwas nicht in der Gemeinschaft?
»Ist das ein Glasfenster?« Anna steht an der Seite des riesigen Transporters. »Noel, sieh nur. Solche haben wir im Dorf nur in der Kirche. Warum hat es Fenster?«
»Die Dinger sind schnell«, sagt Mira. »Bei der Geschwindigkeit wird es sehr laut und es entsteht ein starker Luftzug.«
»Stimmt! Daaas hätte ich mir denken können. Die Luft wird verdrängt und fängt an zu schwingen. Dadurch entstehen Schallwellen, die wir durch unser Gehör wahrnehmen.«
»Ist das dein Ernst?« Mira schüttelt unglaubwürdig den Kopf. »Das weißt du, aber nicht, was ein Auto ist? Was stimmt nicht mit dir?«
»Wir haben sehr viele Bücher im Dorf gehabt«, sage ich. »Anna hat sie alle gelesen.«
»Oh! Da liegt ein Mann im Auto!« Anna schreckt zurück, als sie durch das Fenster späht.
Mira lacht. »Das ist Andro. Ich habe mich schon gewundert, wo er steckt. Er gehört zu uns und bewacht die Fahrzeuge.«
Sie öffnet die Tür des Transporters und haut einige Male kräftig gegen das Blech. »Aufwachen Andro! Los!«
»Was? Wo? Was ist passiert? Seid ihr schon zurück?« Andro springt auf.
»Ich hab dich nicht für ein Nickerchen zurückgelassen.« Vared schließt zusammen mit Norbert und Torwald zu uns auf und fährt sich mit einem Seufzer durch das Haar. »Hätte mich auch gewundert, wenn einer mal seinen Job macht.«
»Ich bin nur kurz eingenickt.« Der junge Mann steigt aus dem Fahrzeug aus. Sein Gürtel klimpert dabei lautstark. Viele kleine Steine in unterschiedlichen Farben baumeln an ihm hin und her.
Vared nickt ungläubig den Kopf. »Ist klar. Dann hast du das Feuer, den grellen Lichtblitz und den Kampf mitbekommen und bist dennoch nicht zur Hilfe geeilt?«
»Ein Kampf? Der Westwald ist doch eine friedliche Gegend.« Andro schaut sich um und streckt sich. Er trägt eine enge Stoffjacke in einem dunklen Blau und weißen Ärmeln. Er sieht sehr trainiert aus. »Wo ist der Rest? Was ist passiert? Wo ist Oskar?«
»Tod.« Mira schluckt schwer und schaut in die Leere.
»Weil er genauso ungehorsam ist wie du.« Vared wirft den bewusstlosen Dämon in den zweiten Transporter. »Du kannst von Glück reden, dass dich keine Assassine im Schlaf erstochen hat.«
»Oskar ist tot?« Andro fällt auf die Knie, während er sich mit den Händen auf dem Boden abstützt. »Wie konnte das passieren?« Er schluchzt und kleine Tränen kullern in seinen schwarzen Oberlippenbart.
»Für Trauern ist gerade keine Zeit. Der Abend war lang genug.« Vared deutet auf das Fahrzeug. »Mira, du fährst mit Noel und dem Mädchen bei mir mit. Andro, du und die beiden Männer nehmen den anderen Transporter.«
»Ich bleibe hier«, korrigiert Torwald. »Der Wald ist mein Zuhause. Ich habe mich entschieden. Ich gehe hier nicht weg.«
»Bist du sicher?«, fragt Norbert. »Hier ist sonst niemand mehr.«
»Und doch ist hier alles was ich zum Leben brauche. Keine Sorge, ich komme zurecht. Ich werde mich in der Dagar-Höhle niederlassen, falls ihr mich sucht.«
»In Ordnung.« Norbert nickt. »Ist vielleicht gar keine schlechte Idee, wenn jemand hierbleibt. Sollte sich dieser Vorfall rumsprechen, wird es Plünderer anziehen. Falls das Feuer nicht alle unsere Wertsachen vernichtet hat, schütze es vor ihnen.«
»Das werde ich.«
Torwald bleibt hier? Dann muss ich es ihm jetzt sagen. »Es tut mir leid wegen Nika. Ich war es. Ich habe sie getötet.«
»Du hast getan, was du tun musstest, Noel.« Torwald greift meine Schulter. »Trage keine Last mit dir, die wir alle verursacht haben.«
»Bevor sie starb, bat sie mich darum, dir noch etwas zu sagen.«
»Was denn?«
»Sie hat dich aus tiefstem Herzen geliebt.«
Eine Träne löst sich aus dem, sonst so kühlem Gesicht und verschwindet in seinem krauseligen Bart. »Danke, Noel. Passt gut auf euch auf. Galvanna wird euch viel abverlangen. Denkt immer daran, wo ihr herkommt und was ihr dort gelernt habt. Solltet ihr doch einmal Hilfe brauchen, werde ich hier auf euch warten.«
Ich verabschiede mich von Torwald und steige zu Mira und Anna vorne in den Transporter. Lucky springt auf die Rückbank und Vared bewacht auf der Ladefläche den bewusstlosen Dämonen. Aufgeregt beobachten Anna und ich, wie Mira das Fahrzeug steuert und losfährt.
Ich blicke ein letztes Mal auf den Wald. So schnell werden wir wohl nicht hierher zurückkehren. Vor uns wartet eine ganze Welt, um von uns entdeckt zu werden.
»Seid ihr bereit?« Mira zeigt in der Ferne auf gewaltige Mauern aus Stein und Metall. »Seht ihr das dort hinten am Berg? Das ist die Hauptstadt der Menschen. Galvanna.«
»Noel, das müssen wir unbedingt von Innen sehen!« Anna beugt sich aufgeregt vor und schaut aus dem Fenster.
»Ja!«, stimme ich zu. »Auf nach Galvanna!«
»Auf nach Galvanna!«

Fortsetzung folgt ...

Feedback

Hast du Anmerkungen, einen Fehler entdeckt oder möchtest Rückmeldung geben, wie du diese Abschnitt oder gar die ganze Geschichte findest?

Dann nutze gerne das folgende Kontaktformular.

Kontakt aufnehmen

Vielen Dank!

bottom of page