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 November 2020, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten.

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Die Flammen sind fast erloschen. Vared hat sie mit seiner Magie eingedämmt. Er steht Nika gegenüber, die sich schützend in ihre Blüte zurückgezogen hat. Mira sitzt auf den Boden und steht unter Schock.
»Ich entschuldige mich für die Verspätung. Dieses Rudel war ziemlich lästig.« Vared massiert sich die Schulter. »Mein Rücken macht mir auch wieder zu schaffen.«
Wie hat er alle Wölfe ohne einen Kratzer überlebt? Seine Kleidung und Haut ist unversehrt.
»Ich habe versagt.« Mira schluchzt. »Wie konnte ich bloß verlieren?«
»Du warst zu überheblich und zu stürmisch. Im Kampf zählt Konzentration. Deine Emotionen halten dich davon ab.« Vared wirft einen Blick auf die Leiche von Oskar. »Ich habe es euch beiden schon so oft gesagt. Für ihn ist es zu spät.«
»Ich ...«
»Reiß dich zusammen, Malnada. Steh auf!«
Sie nickt und folgt seinem Befehl.
Nika wagt sich währendessen aus der Blüte und kommt auf uns zu. »Der Feuerrote, der Bote des Feuers, der Rotaugen-Zwilling, Held des Dämonenkrieges oder einfach Vared Barhain. Es ist lange her.«
»Kennen wir uns?«
»Nihidakka Aldikki. Wir sind uns im Wibuku-Dschungel begegnet.«
Vared schüttelt den Kopf. »Nein, da klingelt nichts. Ich bin sowieso schlecht im Merken von Namen.«
»Es war zur Zeit des Dämonenkrieges ...«
»Erspar mir bloß das historische Gerede. Es interessiert mich nicht!« Vared winkt sie ab. »Wenn ich mich nicht an dich erinnere, kannst du keine große Herausforderung gewesen sein.«
Wuterfüllt schreit Nika auf und schleudert mit einer Handbewegung eine Wurzel in seine Richtung. Der Aufprall wird von den Flammen absorbiert. Es ist wie in unserem Zuhause, als sie das Geschoss verschlangen. Sie umringen ihn wie ein Schild.
»Das war alles?« Vared streift durch sein gelocktes Haar. »Da hatten deine Schoßhündchen mehr auf dem Kasten.«
»Deine Feuermagie sucht durchaus seines Gleichen. Warum auch immer Meltana dich als ihren Boten ausgewählt hat. Einen Menschen. Einen Mann!«
Nika bleibt einige Meter vor ihm stehen und streckt ihre Arme aus. In einem Halbkreis um sie herum wachsen weitere Blumen. Das von ihnen erzeugte blaue Licht trägt dazu bei, dass sie zum Mittelpunkt der Nacht wird.
Vared lässt die Dryade nicht aus den Augen und rechnet mit einem nächsten Angriff. Mira steht knapp hinter ihm. Sie zieht ihre Augenbrauen zusammen. »Was hat sie jetzt schon wieder vor?«
Mit einem Mal lässt Nika ihre blättrigen Hüllen fallen und steht nackt vor uns. Abgesehen von den unnatürlichen Hautfarben und der Beine, sieht sie aus wie eine Frau. Ich dreh mich vor Scham zur Seite. Wie damals, als Anna auf die Idee kam, sich bei uns ihre nasse Kleidung auszuziehen und in ein Gewand von meiner Mutter zu schlüpfen. Ihr war nicht bewusst, dass sie bereits zu einer schönen Frau herangewachsen war.
Mira lacht lautstark los. »Ist das ihr Ernst? Will sie den Kommandanten verführen? Als ob das funktioniert.«
Mein Blick richtet sich auf etwas Anderes. Ein kleines, katzenartiges Wesen sitzt neben Norberts bewusstlosem Körper. Das schwarz gepunktete, weiße Fell strahlt ein helles Licht aus. Drei lange, dünne Schwänze mit einem leuchtenden Stern am Ende wedeln durch die Luft.
Das Wesen schaut mit weit geöffneten Augen zu mir. Ein Schwall von Geborgenheit und Wärme überkommt mich. Ich muss zu ihm. Es ruft mich. Mit schnellen Schritten gehe ich auf das fremde Wesen zu. Im Hintergrund verfolge ich das Gespräch von den Anderen.
»Früher magst du im Vorteil gewesen sein«, sagt Nika, »aber heute bin ich in der Blüte meines Lebens. Mit dieser Magie ist mir kein Mann gewachsen. Jedes Wesen hat eben seine Schwäche.«
»So ein Unsinn«, antwortet Mira. »Ein Verführungszauber wirkt niemals! Habe ich recht, Kommandant?«
Eine Stille überkommt den Wald. Ich nähere mich der katzenartigen Gestalt.
»Kommandant?«
»Es ist zu spät, Mädchen. Dieser Zauber ist weitaus älter und mächtiger, als wir alle zusammen. Mach ihm keinen Vorwurf. Er gehorcht jetzt mir.« Nika verfällt in ein höhnisches Lachen.
Ein Verführungszauber? Was passiert dort? Ich drehe mich um und Vared steht neben Nika.
Mira lässt sich vor Schreck zu Boden fallen. »Das ist nicht wahr! Das ist nicht ihr scheiß Ernst, Kommandant! Halten große Lehren über Konzentration und Überheblichkeit und lassen sich von einer Pflanze verführen?«
Sie benötigen Hilfe. Nur wie? Ich suche das katzenartige Wesen. Es ist nicht mehr da. Dafür ist Annas Vater bei Bewusstsein. Ich renne zu ihm.
»Norbert! Bei Stellux, du lebst! Wo ist Anna?«
Mit geschwächtem Blick zeigt er mit der Hand auf etwas in naher Ferne. »Ihre Tasche. Sie hat sie verloren. Du musst meine Tochter finden, Noel! Bitte, ich schaffe es nicht mehr. Du bist alles, was ihr geblieben ist.«
Ihre Tasche? Sie liegt einige Meter von Norbert entfernt auf dem Boden. Hastig greife ich nach ihr und kehre zu ihm zurück. Ich durchwühle sie und finde Pikfrüchte des Herzblattbaumes und einen Verband.
»Ich habe heute schon genug verloren. Ich werde dich verarzten und dann suchen wir sie gemeinsam.«
Norbert lächelt in seinen Bart, verliert jedoch wieder das Bewusstsein.
Während ich eilig die Wunden versorge, beobachte ich Nika. Sie ignoriert mich und ist auf Mira konzentriert. Vareds Augen leuchten grün. Er ist besessen. Mit einem schnellen Schwung packt er Mira am Hals und hebt sie vom Boden.
Sie versucht verzweifelt den Griff zu lösen. »Bitte. Kommandant! Ich flehe sie an, kommen Sie zu sich! Ich bin es – Mira!«
Es ist aussichtslos. Ich muss irgendwie eingreifen? Nur wie? Anna hätte sicher eine Idee. Sie würde in ihre Tasche greifen und eine rettende Lösung finden. Einen Versuch ist es wert!
Ich sehe eine silberne Kette, eine Feder, einige Blätter aus dem Wald, eine Phiole gefüllt mit Sekret, eine Schere – Moment! Eine Phiole mit Sekret? Ein Geistesblitz überkommt mich. Das ist der Venuxir! Wir haben ihn aus Istal! Das ist es! Damit besiege ich Nika!
Ein Schrei voller Schmerzen ertönt. Es ist Mira. Vared hat ihr gerade das linke Bein gebrochen. Er lässt sie fallen.
»Ist es nicht das, was ihr Menschen mit der Natur macht?«, fragt Nika. »Deine Knochen brechen wie der Ast vom Baum. Wo ist deine Schnelligkeit jetzt, Mädchen?«
Mira liegt winselnd am Boden. »Bring es einfach zu Ende.« Ihre Hoffnung ist gebrochen.
Ich muss mich beeilen! Ich ziehe das Messer von Vater und schmiere das Sekret auf die Klinge. Es ist sehr klebrig und haftet gut.
Im Anschluss schleiche ich mich seitlich an Nika heran, die sich weiterhin an der Verzweiflung von Mira erfreut. Nur noch wenige Meter trennen uns. Oh Stellux, ich bitte um Vergebung, dass ich einem Wesen womöglich das Leben nehme. Aber es ist der einzige Weg, um sie zu retten!
Jetzt oder nie! Mit einem Satz springe ich vor und ramme das Messer tief in Nikas Bauch. Sie schaut mich mit offenem Mund an. Dann lächelt sie. »Noel? Habe ich nicht gesagt, es benötigt mehr als ein Messer, um mich aufzuhalten?«
»Waldinsekten, Band 1: Seite 43.« Ich stelle mir Anna vor. Wie gut sie diese Antwort fände. Endlich hast du dir mal etwas gemerkt.
Nika ist verwundert. »Was? Was soll das heißen?«
»Venuxir. Jedes Wesen hat eben seine Schwäche. Das sagtest du doch, oder?«
Ihr Blick ist plötzlich voller Furcht. Sie geht einen Schritt zurück und zieht sich das Messer aus dem Bauch. Das Sekret ist in ihr.
»Nein!«, wiederholt sie immer und immer wieder. »Das ist unmöglich!«
»Es tut mir leid. Es gab keinen anderen Weg.«
Sie starrt ihre Hände an, die langsam verblassen und zerfallen.
»Hier endet es wohl. Besiegt von einem Mann.« Sie fällt vor mir auf die Knie. »Nein, kein einfacher Mann. Ein Besonderer.«
Während ihr Körper weiter verdorrt, sieht sie sich ein letztes Mal um.
»Ich wollte doch nur das beschützen, was ich liebe. Kannst du mir verzeihen?«
»Ich verzeihe dir. Aber bitte sag mir – wo ist Anna?«
»Sie ist nicht weit von hier. Du kennst den Ort. Die Mastar-Ruine – keine Sorge, er verletzt sie nicht. Er beschützt sie. Dieser Wald birgt viele Gefahren. Aber ich befürchte, er lässt sie nicht gehen. Sie ähnelt ihr zu sehr, weißt du?«
Nika erschafft ein Beet blauer Blüten. »Hier, die werdet ihr brauchen. Du hattest Recht. Die Dunkelheit hat mich verzehrt. All diese zurückgewonnene Macht hat mich geblendet. Aber du hast mir verziehen und mich befreit. Ich danke dir dafür, Noel.« Sie schaut zu Torwald. »Sag ihm, dass ich ihn aus tiefstem Herzen liebe. Ihr beide habt mir etwas gezeigt, dass ich über die Jahrhunderte zuvor schon längst vergessen hatte. Hoffnung – und bedingslose Liebe.« Nika erhebt sich mit letzter Kraft. »Ich gehe jetzt zu meiner Familie. Ich habe noch etwas gut zu machen.«
Bevor ich weitere Fragen stelle, zerfällt Nika und ein seichter Wind trägt sie in den Wald.
»Beeindruckend, kleiner Mann.« Vared ist wieder er selbst. Der Zauber ist erloschen. »Du hast unser Leben gerettet.«
»Wären Sie nicht einer Pflanze mit Brüsten verfallen, hätten wir diese Hilfe nicht gebraucht. Sie haben mich fast umgebracht!« Mira steht vorsichtig auf. »Scheiße! Mein ganzes Bein ist im Arsch!«
»Dieser Vorfall bleibt unser kleines Geheimnis. Das ist ein Befehl, Malnada!«
Mira schaut beleidigt zur Seite und murmelt: »Jawohl, Kommandant.«
Ich pflücke einige der blauen Blumen. »Anna ist in den Ruinen! Ich habe Nika nicht genau verstanden, aber es sieht so aus, als sei sie bei dem Ignaeria.«
»Das ist ja wunderbar.« Die Ironie von Mira ist deutlich zu hören. »Der Tag war ohnehin so langweilig. Da besuchen wir am besten eine legendäre Bestie. Wie war das noch, Kommandant? Eine ganz einfache Mission?«
»Ihr kennt den Ignaeria?«, frage ich. »Mich kann er nicht sehen. Ich gehe allein und schleiche mich an ihm vorbei. Das hat beim letzten Mal auch geklappt.«
Vared hält meinen Arm fest. »Du hast nicht bedacht, dass sich etwas geändert hat, kleiner Mann. Du hast soeben ein Leben ausgelöscht.«
Er hat recht. Ich habe Nika getötet. Das habe ich vergessen. »Oh nein! Was machen wir jetzt?«
»Wir gehen zusammen.« Vared ergreift meine Schulter. »Erinnerst du dich an meine Worte in deinem Haus? Du bist nicht allein.«
»Aber der Ignaeria ist riesig. Was sollen wir gegen ihn ausrichten?«
»Wir bekämpfen Feuer mit Feuer!«
Mira rollt mit den Augen. »Hoffen wir, dass es kein Weibchen ist.«
Vared schenkt ihr einen erzürnten Blick.
»Und wer kümmert sich um Torwald und Norbert?«, frage ich. »Wir lassen sie hier doch nicht allein?«
»Mach dir um uns keine Sorgen.«
Es ist Norbert. Er ist wieder auf den Beinen und hat sich erholt. Die Frucht des Herzblattbaumes hat gewirkt! Torwald liegt regungslos und voller Schleim neben ihm.
»Der Haudegen erholt sich auch wieder. Rette meine Kleine, Noel. Ich vertraue dir.«
Ich nicke Norbert zu. Dann schaue ich auf Miras Bein, das sie nur mit großer Vorsicht auf dem Boden absetzt. »Was ist mit dir? Kannst du überhaupt noch gehen?«
»Ich komme mit euch«, antwortet sie. »Einer muss den Kommandanten ja vor weiteren Dryaden schützen.«
»Wenn du so weiter machst, kürze ich dir den Lohn, Malnada!«
»Pah! Er müsste sich bei den Gefahren eher verdoppeln! Oskar ist ohnehin schon tot. Der braucht keinen mehr.« Mira senkt trauernd ihren Kopf.
Ich reiche beiden eine Blüte und erkläre ihre magische Wirkung. Es geht los! Anna, wir finden dich.

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