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 November 2020, Deutschland. Alle Rechte vorbehalten.

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Ein unbekannter Raum. Mein Sichtfeld ist verschwommen. Ich reibe die Augen und blinzle, doch es führt zu keiner Verbesserung. Beunruhigt schaue ich mich um und versuche, mehr wahrzunehmen. Mein Körper fühlt sich schwer und träge an.
Ich schaue an mir herunter und sehe eine eiserne Rüstung. So eine habe ich schonmal bei Norbert in der Schmiede gesehen. Warum trage ich sie? Wo bin ich hier?
Das Sichtfeld ist jetzt klarer. Es wirkt alles grell und weiß um mich herum. Weit und breit sind keine Bäume oder das Dorf in Sicht. Dann ertönt ein Knall. Was ist passiert? Eine Menschenmenge kommt mir mit panischen Gesichtern entgegen. Sie sind mir fremd. Ich gehe voran und suche die Ursache des Ganzen. Nichts. Nur eine weiße Wand, die ins Nirgendwo führt. Minutenlang irre ich umher, bis sich schlussendlich die Farbe am Horizont verändert. Er verdunkelt sich vollkommen. Von der Ursache weiterhin keine Spur.
Ein Lichtpunkt erscheint in der Ferne. Ich versuche, ihn mit meinen Augen zu fokussieren, er bewegt sich aber zu schnell hin und her.
»Hilfe! So hilf mir doch jemand.« Etwas ruft in der Ferne. Ich erkenne nicht, ob es sich um eine männliche oder weibliche Stimme handelt.
Ohne zu zögern, erhöhe ich meine Schrittgeschwindigkeit, doch die schwere Rüstung verhindert einen Sprint. Der Lichtpunkt wächst mit jedem Schritt.
»Sie ... sie da vorne! Sind sie hier, um zu helfen? Sie sehen aus wie ein mutiger Held!«
Erstaunt bleibe ich stehen. Der Punkt redet mit mir. Er kann sprechen! Sein Äußeres wirkt verzerrt und pulsiert hektisch.
»Was ist passiert? Woher kam der Knall?«, frage ich.
»Es ging alles so plötzlich! Sie sind gekommen! Sie sind hier! Unsere Nachbarn sind noch dort. Familie Barhain – sie sind in ihrem Haus verschüttet.«
»Wer sind denn ›sie‹?«
»Alpakale! Sie sind in den Häusern. Retten sie bitte das Ehepaar Barhain! Sie haben auch zwei Kinder! Bitte!«
Bevor ich die Möglichkeit habe zu antworten, verschwindet er. Was ist hier los? Jemand ist in Gefahr? Ich muss diese Familie retten! Aber was sind Alpakale?
Vor meinen Augen erscheint ein großes Haus aus Stein. Wie haben sie es geschafft, Gestein in diesen Höhen zu stapeln? Ich erinnere mich daran, wie aufwändig es war, die Holzfällerhütte meines Vaters vor einigen Monaten zu sanieren. Wenn ich darüber nachdenke, dass wir Steine anstatt Holz als Material verwendet hätten, dann wären wir heute noch nicht mit dem Bau fertig.
Ich atme kurz durch. Bei dem Gedanken, das Haus zu betreten, läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Reflexartig greife ich an meine rechte Hüfte und fasse einen Schwertgriff. Ein Schwert? Ich ziehe die Waffe aus ihrer Scheide und mustere sie. Erneut dieses vertraute Gefühl. Ich schwinge einige Male mit ihm umher. Jede Bewegung ist präzise und fühlt sich leicht und unbeschwert an. Wieso beherrsche ich die Schwertkunst? Ich habe sie zwar mit Norbert und Anna ab und zu geübt, entsinne mich aber nicht, sie in dieser Form gemeistert zu haben.
Der Eingang ist mit einer Steintreppe geschmückt. Langsam schreite ich die Treppe hinauf und horche mich um. Stille. Es ist nichts zu hören, außer meinen eigenen Schritten.
Die Tür des Hauses ist aus altem Holz mit einer Klinke aus braunem Metall. Ich erinnere mich an die Lehrstunden von Norbert in der Schmiede. Es handelt sich um Bronze. Auf den zweiten Blick erkenne ich, dass die Tür einen Spalt offensteht.
Ich schiebe die Tür weiter auf und halte mein Schwert in Kampfhaltung. Obwohl im Inneren des Hauses keine Lichtquelle sichtbar ist, sehe ich klar. Warum? Ich schaue mich genauer um.
Erstaunlich. Ich bin der Ursprung! In einem Radius von einigen Metern erzeuge ich Licht. Wie ist das möglich?
Die Wände im Eingangsbereich sind aus Stein und zwei von drei Abschnitten sind komplett verschüttet. Überall hängen kunstvolle Gemälde, doch sie sind alle verschwommen. Nur ein einziges erkenne ich klar. Es zeigt eine Frau, ein Mann und zwei Kinder. Das ist die Familie Barhain.
Ich versuche, mir ihre Gesichter zu merken. Der Vater trägt einen schwarzen Bart und hat eine Narbe am rechten Auge. Die Mutter hat langes blondes Haar und einen dunklen Hautfleck am Kinn. Oder ist ein Wasserfleck auf dem Bild? Die Kinder sind jung. Es sind nahezu gleichaltrige Brüder. Ich schätze sie auf acht Jahre.
Einer von ihnen hat schwarzes kurzes Haar. Er ist blass im Gesicht und zeigt keine Emotionen. Sein Bruder hat gewelltes Haar und seine Augenbrauen wirken ungewöhnlich lang. Beide haben ein blaues und ein rotes Auge. Das habe ich nie zuvor gesehen.
Ein Schrei unterbricht meine Beobachtungen. Schrill klingt er durch den Eingangsbereich. Ich schrecke zusammen. Er ist weiblich und kommt aus dem frei zugänglichen Areal des Hauses. Das Bauwerk fasziniert mich, aber ich darf nicht aus den Augen verlieren, dass die Familie in Gefahr ist.
Ich eile in den nächsten Raum. Eine Küche. Ein Esstisch schmückt das Zentrum und an den Seiten füllen Schränke mit Geschirr und Küchenutensilien die Leere. Die Ausstattung fasziniert mich. Wenn ich die Familie gerettet habe, sehe ich mir das genauer an.
Nächster Raum: eine Abstellkammer. Ist der Schrei von hier gekommen? Mehrere Regale mit unterschiedlichsten Nahrungsgütern zieren den sonst leeren Bereich. Dadurch ist der Raum selbst mit dem Licht schwer einsehbar.
Ich rufe in die Dunkelheit: »Hallo? Ist hier jemand? Ich bin gekommen, um euch zu helfen.«
Nach einer kurzen Stille ertönt tatsächlich eine weibliche Stimme: »Es ist zu spät! Wir können nicht mehr fliehen. Sie sind bereits hier!«
»Wer ist hier? Wo sind sie? Kommen sie ins Licht, dann bringe ich sie heraus.«
Für einen Moment ist wieder Stille. Danach ertönt ein Schluchzen von einem der hinteren Regale und ein Kopf dringt aus dem Schatten hervor. Es ist eine Frau im mittleren Alter mit hellem, zerzaustem Haar. Es ist eindeutig. Sie sieht zwar mitgenommen aus, aber es handelt sich um Frau Barhain. Der Hautfleck war doch nur ein Wasserfleck.
»Wer ... wer sind sie?«, fragt sie verwundert. »Sie haben ein Schwert. Sind sie ein Held? Sie müssen uns helfen!«
»Mein Name ist Noel. Ich bin ...« Für einen Moment halte ich ein. Wer bin ich gerade? Bin ich wirklich ein Held? Warum sagen mir das alle? Ich verstehe es nicht. »Ich bin hier, um ihre Familie zu retten, Frau Barhain.«
»Meine Familie?« Sie stolpert auf mich zu und bricht kurz vor mir zusammen. Ich halte sie im letzten Moment fest und drücke sie vorsichtig an mich. Meine Rüstung ist hoffentlich nicht zu unbequem.
Sie schluchzt abermals und führt das Gespräch fort: »Dann retten sie bitte meine Kinder! Meinen Mann! Sie sind verschüttet in den oberen Etagen! Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie von ihnen gejagt werden.«
»Von wem werden sie gejagt?«
»Ihr wisst es nicht?« Sie starrt mich fassungslos an. »Die Alpakale. Sie sind gekommen, um uns alle zu jagen. Die Vorboten des Unheils.«
»Alpakale? Was ist das?«
»Ihr scheint nicht von hier zu sein, oder? Alpakale sind wilde Bestien! Bösartige Kreaturen der Nacht.«
Erneut stört ein Geräusch die Stille und die Erde fängt an zu beben. Es klingt, als wenn Steine brechen und fallen. Frau Barhain zuckt in meinen Armen zusammen. Ich drehe mich in Richtung Küche, doch es ist nichts zu sehen.
»Sie sind hier. Ich kann fühlen, wie sie sich von meiner Angst ernähren. Ich ... Ich darf mich nicht fürchten!«
Von ihrer Angst? Was sind das für Tiere? Ich habe noch nie von ihnen gelesen. Aber ich habe gerade keine Furcht. Mein Geist wird beherrscht von Verwirrung und offenen Fragen.
»Bitte! Ihr müsst meine Familie retten. Ich werde hier warten!«
»Keine Sorge. Ich werde ihre Familie beschützen. Das verspreche ich.« Mit erhobenem Schwert verlasse ich die Kammer.
Zurück in der Küche schaue ich mich zur Sicherheit um. Dann passiert es! Ein Schatten huscht durch den Eingangsbereich! Für einen Augenblick sehe ich ihn. Wo ist er hin? Es war nicht der Umriss eines Menschen. Vier Beine – hüfthoch mit einem Schwanz und einem Kopf. Er hatte Ähnlichkeit mit einem Wolf. Mein Herz schlägt zunehmend schneller und ich versuche, die Ruhe zu bewahren. Was auch immer dort auf mich wartet, hat sicher keine guten Absichten. Ich muss mit einem Kampf rechnen.
»Oh Stellux! Ich bitte dich, steh mir bei. Diese Familie braucht meine Hilfe, um aus diesem unheimlichen Haus zu fliehen.« Ein Gefühl der Wärme durchströmt mich. Ich schaffe das. Schließlich bin ich ... ein Held.
Eine der verschütteten Stellen ist freigeräumt. Es ist eine unglaubliche Kraft notwendig, all diese Steine zu bewegen. Das ist niemals das Werk eines Wolfes. Der Weg führt über eine Vielzahl von Geröll in das obere Stockwerk. Schritt für Schritt bahne ich mir einen Weg und hoffe, dass mein Gewicht keine weiteren Steine unter mir zum Einsturz bringt.
Im oberen Stock ist der Boden aus Holz. Die Bretter sind älter und knarren durch den Flur. Ich halte einen Moment inne. Es ist nicht das Einzige, das ich wahrnehme. Ich höre ein Tapsen. Es ist schnell und kommt aus einem der anderen Räume. Ich weiß zwar nicht, was mich erwartet, aber ich bin kampfbereit!

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